Armut muss entschieden bekämpft werden!

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27.11.2015 DGB zum ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung: Armut muss durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen eingedämmt werden.

Der DGB Baden-Württemberg begrüßt, dass die Landesregierung heute der ersten Armuts- und Reichtumsbericht für das Land veröffentlicht hat. "Um effektive Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu ergreifen, bedarf es zunächst einmal einer fundierten und umfassenden Darstellung der sozialen Situation der Menschen in Baden-Württemberg. Wir unterstützen die Landesregierung in ihrem Vorhaben, künftig in jeder Legislaturperiode einen solchen Bericht zu erstellen. Der DGB ist selbstverständlich bereit, auch an den weiteren Berichten mitzuarbeiten", sagte der Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf. Die Erkenntnisse aus dem aktuellen Bericht seien alarmierend. Auch in Baden-Württemberg sei die Schere zwischen Arm und Reich in den vergangenen zehn Jahren weiter auseinandergegangen. Nun seien auch die Arbeitgeber gefragt, Vorschläge zu machen, wie Armut in den nächsten Jahren eingedämmt werden könne.

"Der wachsenden Armut im Land muss dieselbe Aufmerksamkeit geschenkt werden wie den wachsenden Gewinnen. Von 2002 bis 2012 sind die Einkommen aus Vermögen um stolze 50 Prozent gewachsen. Die Zuwächse bei den Arbeitseinkommen im gleichen Zeitraum sind mit 21,7 Prozent weitaus geringer ausgefallen", kritisierte Landgraf "Die soziale Schieflage verstärkt sich, wenn leistungslose Einkommen mehr zur Wohlstandssicherung beitragen als Einkommen aus Arbeit."
Besorgnis erregend sei zudem das fallende Rentenniveau im Land. Wer als Mann neu in die Rente wechsele, habe mit durchschnittlich 1.016 Euro bereits knapp 100 Euro weniger Einkommen zur Verfügung als ein Bestandsrentner mit
1.112 Euro. Noch dramatischer sehe es bei den Frauen aus: Ihre durchschnittliche Rente beträgt in Baden-Württemberg nur 563 Euro im Monat. Die Zahl der Grundsicherungsempfänger im Alter hat sich in zehn Jahren (zwischen 2003 und 2013) von 27.000 auf fast 47.000 Menschen nahezu verdoppelt.

Nun gelte es, die richtigen Schlüsse aus dem Bericht zu ziehen:

- auf dem Arbeitsmarkt
"Arbeit muss wieder die Grundlage sein, um Armut zu verhindern. Deshalb brauchen wir eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Der Mindestlohn ist ein erster Schritt, um den ausufernden Niedriglohnsektor einzudämmen. Wir brauchen aber auch Regeln für Leiharbeit, Werkverträge und befristete Stellen. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer verdienen nur etwa halb so viel wie Beschäftigte in Normalarbeitsverhältnissen. Die Gefahr, in Armut abzurutschen, ist für Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen doppelt so groß wie für Beschäftigte in regulären Arbeitsverhältnissen. Leiharbeit wurden von den Arbeitgebern in großem Stil als Instrument zur Lohnsenkung missbraucht. Dies ist ein Befund aus dem Armuts- und Reichtumsbericht", sagte Landgraf.
Der DGB halte es deshalb für richtig, dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ein Gesetz zur Begrenzung von Leiharbeit und Werkverträgen auf den Weg bringt. "Der Anfang ist gemacht. Die Regelungen bieten aber Arbeitgebern ein riesiges Schlupfloch. Auch künftig können Leiharbeiter ausgetauscht und durch andere ersetzt werden."

- in der Rentenpolitik
Ein zentrales gesellschaftliches Ziel muss die Vermeidung von Altersarmut sein. Wir brauchen ein Umdenken in der Rentenpolitik. Die gesetzliche Rente muss wieder den Lebensstandard sichern. Hierfür muss das Rentenniveau angehoben werden.
Der DGB hat ein Rentenmodell vorgelegt, mit dem das Sinken des Rentenniveaus um etwa ein Fünftel bis zum Jahr 2030 gestoppt werden und gleichzeitig die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ausgesetzt werden könnte. Zur Finanzierung schlagen wir eine schrittweise Anhebung des jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufzubringenden Beitragssatzes auf bis zu 22 Prozent im Jahr 2025 vor. Dieser könnte dann bis zum Jahr 2030 stabil bleiben.
Versicherungszeiten, in denen Beschäftigte nur ein niedriges Einkommen erzielt haben, sollten in der Rente aufgewertet werden. Diese Aufwertung kann aus Steuermitteln finanziert werden.

- in der Steuerpolitik
"Der DGB macht sich für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen und hoher Einkommen stark. Spitzeneinkommen sollten mit einem höheren Einkommensteuersatz belegt werden. Die Vermögensteuer sollte wieder eingeführt werden. Zudem plädieren wir dafür, die Abgeltungsteuer wieder abzuschaffen", sagte Landgraf.

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Letzte Änderung: 27.11.2015