Nicht in der Gewerkschaft?

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15.12.2011 Mike, Azubi in einem Metallbetrieb, ist happy: Bald hat er seine Abschlussprüfung hinter sich. Seine Zukunft scheint gesichert.

Denn in Mikes Betrieb gilt ein Tarifvertrag mit der IG Metall, der den Arbeitgeber verpflichtet, Auszubildende nach bestandender Prüfung mindestens zwölf Monate zu übernehmen. Aber es soll anders kommen. Mike landet auf der Straße. Der Grund: Er ist kein Gewerkschaftsmitglied.

Noch Anfang Dezember machte Mike sich um seine nahe Zukunft keine Sorgen. In weniger als zwei Monaten würde er seine Abschlussprüfung machen. Und bestehen, da war er sich sicher. Und dann würde er als Industriekaufmann in der Augsburger Firma weiterarbeiten - mindestens für ein Jahr. Denn es gibt einen Tarifvertrag, den die IG Metall in Bayern mit den Arbeitgebern abgeschlossen hatte. Der verpflichtet die bayerischen Metallfirmen dazu, Azubis, die die Prüfung bestanden haben, mindestens zwölf Monate zu übernehmen. Nur in Ausnahmefällen brauchen sie sich nicht daran zu halten: Etwa, wenn es dem Betrieb wirtschaftlich schlecht geht und er nicht mehr genug Arbeit für alle Beschäftigten hat. Oder wenn er viel mehr Jugendliche ausbildet als er braucht. Solche Verträge gibt es in allen Bundesländern.

Nicht in der Gewerkschaft? Pech gehabt.
Doch am 7. Dezember kommt für Mike die schlechte Nachricht: Sein Arbeitgeber teilt ihm mit, dass er nicht übernommen wird. Mike tut das Richtige. Er behält einen kühlen Kopf und legt am31. Januar seine Prüfung ab. Mit Erfolg. Danach geht er zum Arbeitsgericht und verlangt, dass die Augsburger Firma ihn als Industriekaufmann behält. Er beruft sich auf den Tarifvertrag. Doch sein Ausbildungsbetrieb weigert sich. Der Arbeitgeber sagt: Der Tarifvertrag gilt nur für Mitglieder der IG Metall. Mike sei bis zum Tag seiner Prüfung nicht in der Gewerkschaft gewesen. Und damit würde der Tarifvertrag für ihn nicht gelten. Damit hatte der Arbeitgeber recht.

Folgenschwerer Fehler
Mike war immer davon ausgegangen: Tarifverträge gelten für alle. Er muss nicht extra IGMetall-Mitglied werden. Ein folgenschwerer Irrtum. Er versucht, das Blatt noch zu wenden. Am1. Februar tritt er noch schnell in die IG Metall ein. Zu spät: Der Richter beim Arbeitsgericht lässt das nicht mehr gelten. Mike hätte spätestens am 31. Januar, dem Tag der Prüfung, um Punkt 24 Uhr Gewerkschaftsmitglied sein müssen, entschied das Gericht. Jetzt hat er begriffen, dass es sich bezahlt macht, in der Gewerkschaft zu sein. Aber ihm selbst bleibt nichts anderes übrig, als den Weg zur Arbeitsagentur anzutreten.

Künftig unbefristete Übernahme?
In Zukunft wird es sich für Azubis in Autowerken, Maschinenbaufirmen oder anderen Metallbetrieben wahrscheinlich noch mehr lohnen, in der IG Metall zu sein. Denn im Frühjahr 2012 verhandelt die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern über neue Tarifverträge. Die Ausbildungsbetriebe sollen ihre Azubis nicht mehr nur ein Jahr, sondern unbefristet übernehmen. Damit will die IG Metall den Firmen abtrotzen, dass sie jungen Leuten Zukunftsperspektiven bieten. Das heißt: sichere und gut bezahlte Arbeit statt bei einer Verleihfirma zu landen oder sich von einem schlecht bezahlten befristeten Job zum nächsten hangeln zu müssen. Für die Jugendlichen in der Stahlindustrie ist das der IG Metall im November 2011 schon gelungen.

Letzte Änderung: 15.12.2011